Es war einmal eine Zeit, in der siamesische Zwillinge, Kleinwüchsige, Riesen und Menschen aus entfernten Ländern die Stars der Show waren und im Rahmen von Völkerschauen in Dresden. Diese „lebenden Exponate“, wie sie oft bezeichnet wurden, zogen Massen von Neugierigen an, die sich nach ungewöhnlicher Unterhaltung und einem Einblick in das „Andere“ und „Exotische“ sehnten. Historisch gesehen haben solche Schauen ihren Ursprung in der tief verwurzelten menschlichen Neugier und dem Wunsch, sich durch das Betrachten und Untersuchen des „Anderen“ über dieses zu erheben.

In der Vergangenheit nutzten die sächsischen Monarchen solche individuellen Unterschiede zu ihrem Vorteil und als Zeichen ihrer Macht und ihres Einflusses. Hofzwerge, exotische Diener, sogenannte Kammermohren oder Kammertürken, waren allgegenwärtige Symbole des Prestiges und der Macht der Monarchen. Diese Personen, oft gekleidet in farbenprächtige Gewänder und exotische Kostüme, repräsentierten die weitreichenden Einflüsse und Verbindungen der Monarchen.

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden diese Praktiken auf eine neue Ebene gehoben, als die Völkerschauen in Dresden eingeführt wurden. Bis zu 80 Personen, meist aus Ländern, die wir heute als Ghana, Samoa, Tansania oder Marokko kennen, lebten und zeigten ihre Kultur und Lebensweise auf einer speziellen Fläche im Dresdner Zoo, der sogenannten „Völkerwiese“. Die Besucher konnten sie beim Tanzen, Ringkämpfen oder Seilkunststücken beobachten, ihnen beim Essen, Spielen und Beten zusehen und oft auch Tiere aus ihrer Heimatregion kennenlernen. Diese menschlichen „Ausstellungen“ zogen Tausende von Besuchern an, die von der Möglichkeit fasziniert waren, exotische Kulturen aus nächster Nähe zu erleben.

Obwohl solche Praktiken aus heutiger Sicht als problematisch und ethisch fragwürdig angesehen werden, waren sie für die Menschen der damaligen Zeit eine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und für die Bewohner Dresdens eine Quelle der Unterhaltung und der Bildung. Sie boten denjenigen, die sich weite Reisen nicht leisten konnten, eine Möglichkeit, die Welt aus erster Hand zu erleben und ihr Weltbild zu erweitern.

Um diese komplexe und umstrittene Geschichte zu beleuchten, wird das Dresdner Stadtmuseum im Herbst 2023 eine Sonderausstellung veranstalten. Diese Ausstellung wird verschiedene Perspektiven auf dieses Kapitel der Dresdner Geschichte bieten und versuchen, ein vollständigeres Bild dieser Zeit zu zeichnen. Begleitet wird die Ausstellung von einem Buch mit dem Titel „Menschenanschauen“, das weitere Einblicke in die Forschungen bietet und individuelle Geschichten aus dieser Zeit erzählt.